Von Hans Ottomann
Ach, was haben sie doch immer getönt, die großen und die kleinen Unternehmen, die mittelgroßen und die Dax-Konzerne. Diese besonders. Der Arbeitsmarkt sei offen für jedermann, vor allem auch für ältere Arbeitnehmer. Inklusion war eines der Stichworte, alle Mitarbeiter seien eine große Gemeinschaft, und gerade das Wissen der Älteren sei für die Unternehmen überlebensnotwendig. Im Übrigen: Wer sei denn schon alt? Ist 50 plus, als Begriff heute öfter zu hören, alt? Mit 50 plus, hieß es vor wenigen Jahren, da beginne doch erst das richtige Leben…Gleichzeitig schaukelte sich die Frage nach dem Eintritt der Verrentung hoch, viele Politiker forderten eine spürbare Heraufsetzung des Rentenalters. 67 steht bevor.
Kein altes Eisen
Das verblüfft schon: Einerseits arbeiten bis 67, 70 oder länger – und damit gemeint ist ja nicht „halbe“ Arbeit und das Auftauchen im Betrieb erst am späten Vormittag – andererseits offensichtliches Misstrauen gegenüber der Leistungsfähigkeit der Menschen der Kategorie 50 oder 50 plus. Oder 45 plus – ein skurriler Begriff, den wir jüngst beim an sich recht spaßigen Arbeitgeber-Bewertungsportal Kununu entdeckten. „Arbeitgeber mit 45 plus gehören längst nicht mehr zum alten Eisen“, hieß es dort. Da muss ein Kununu etwas völlig missverstanden haben, denn schließlich gehörte Mann/Frau mit 45 noch nie zum alten Eisen. Jedenfalls nicht im Arbeitsleben – Beamte, Politiker, Pfarrer, Wissenschaftler, auch Handwerker, also jene Angestellten mit schwerer körperlicher Arbeit, verließen selten ihren Arbeitsplatz vor 65.
Gehalt contra Erfahrung
Doch recht haben die im Netz gern besuchten Firmen-Beurteiler mit ihrer Bemerkung, mit 45 liege, gehe man von der gesetzliche Verrentung mit 65 aus, noch ein Drittel unseres Arbeitslebens vor uns: „Trotzdem haben es viele Arbeitnehmer in diesem Alter schwer, sich beruflich neu zu orientieren oder überhaupt einen Job zu finden“. Das Kununu-Fazit immerhin: „Die Vorurteile vieler Unternehmen gegenüber den Arbeitnehmern 45 plus halten sich hartnäckig. Altersdiskriminierung wird häufig mit ökonomischen Aspekten getarnt. Ständig im Fokus: Das Gehalt, nicht aber die Erfahrung. Warum einen älteren und vermeintlich teureren Angestellten nehmen, wenn ebenso qualifizierte und jüngere Arbeitnehmer Schlange stehe? Was viele nicht bedenken: Erfahrung hat ihren Preis und kann in vielen Positionen sogar ein Schlüsselfaktor sein. Gerade die Arbeitnehmer 45 plus haben wertvolles Wissen gesammelt und können dadurch die Umsetzbarkeit und den Erfolg von Projekten besser abschätzen. Hinzu kommt ein oftmals stark ausgeprägtes Netzwerk und hohe psychische Belastbarkeit. Altes Eisen sieht anders aus“. Allerdings: Sie haben manchmal Widerworte…
Gen X mit eigenem Kopf
Innerbetrieblich entsteht eine Eifersuchtslage, die den workflow erheblich stören kann. Wie sagte es im vorigen Jahrhundert der aufmüpfige Dichter Tucholsky so schön? „Der Deutsche ist stolz, Deutscher zu sein“, schrieb er, „der Pole ist stolz, Pole zu sein, der Engländer ist stolz, Engländer zu sein“. Doch die Geschichte geht weiter: „Der Deutsche ist stolz, nicht Pole zu sein, der Engländer ist stolz, nicht Deutscher zu sein, der Pole ist stolz, nicht Engländer zu sein“. Genauso war es, ist es noch heute.
Übertragen auf den betrieblichen Generationenkonflikt lässt sich feststellen: „Der Yer ist stolz, Yer zu sein. Der Baby Boomer ist stolz, Baby Boomer zu sein. Der Xer ist stolz, Xer zu sein. Der Xer ist stolz, nicht Yer zu sein…“